HMO und RSV-Infektionen bei Kindern

Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist weit verbreitet und 90 % der Kinder unter 2 Jahren infizieren sich mit diesem Virus. RSV-Infektionen sind die häufigste Ursache für Atemwegsinfektionen bei Kindern und die Hauptursache für Krankenhauseinweisungen bei Säuglingen in den ersten 6 Monaten weltweit.
Die klinischen Anzeichen einer RSV- Infektion sind sehr unterschiedlich und reichen von asymptomatisch über leichte bis hin zu schwerster Symptomatik, die eine mechanische Beatmung notwendig macht. Gestillte Säuglinge weisen eine geringere Inzidenz von RSV-Infektionen auf und entwickeln bei einer Infektion eine leichtere Symptomatik. Unter den zahlreichen bioaktiven Substanzen der Muttermilch scheint das Vorhandensein Humaner Milch-Oligosaccharide (HMO) mit einem Schutz vor RSV assoziiert zu sein.
Ein Zusammenhang zwischen der HMO Konzentration in der Milch bzw. dem Säuglingsstuhl und dem Auftreten von Atemwegserkrankungen bei Säuglingen konnte bereits für einige HMO (LNFP-II, LNnT, 2‘-FL) nachgewiesen werden. Die Wirkung der HMO beruht möglicherweise auf einer Reduktion der Virus- last und der Konzentration spezifischer Zytokine#, die mit der RSV-Infektion as soziiert sind. Dies konnte experimentell an Zellkulturen RSV-infizierter menschlicher Atemwegszellen und peripherer mononukleärer Blutzellen mit verschiedenen HMO (2‘-FL, 3‘-SL, 6‘-SL) gezeigt werden. Zu einer Reduktion entzündungsfördernder Zytokine im Plasma kam es auch, wenn Kinder die HMO über Säuglingsnahrung erhielten. Die Konzentration der Zytokine entsprach dabei der Konzentration in der Kontrollgruppe gestillter Säuglinge. Die protektive Wirkung der HMO hängt nach aktuellen Forschungsergebnissen auch indirekt mit ihren Einfluss auf das Darmmikrobiom zusammen. Bei gestillten Säuglingen weist das Darmmikrobiom meist einen hohen Anteil an Bifidobakterien auf. Ebenso erhöht die Fütterung mit HMO-Säuglingsnahrung die Anzahl an Bifidobakterien und deren Metabolite, insbesondere Acetat, im Stuhl der Säuglinge. Da bei diesen Säuglingen eine Reduktion von Infektionen der unteren Atemwege im ersten Lebensjahr zu beobachten ist, wird vermutet, dass Acetat und bestimmten HMO eine Schlüsselfunktion zukommen, indem sie sich wie ein antiviraler Schutzfilm über das Epithel legen. Weitere gezielte große prospektive Studien sind notwendig, um die Effekte und Wirkmechanismen der einzelnen HMO auf eine RSV-Infektion bei Kindern genauer zu analysieren.

Abb. 1: Mögliche Rolle von HMO bei RSV-Erkrankungen. (Adaptiert nach Tonon KM. 2024 Abb.3)1
Bifidobakterien werden im Darm in kurzkettige FS wie Acetat metabolisiert. Ein Teil der HMO und Acetat werden resorbiert und gelangen über den Blutkreislauf in die Lunge, wo sie als antivirale Substanzen wirken und Entzündungsreaktionen modulieren können.
# Zytokine sind Botenstoffe, die bei einer Reaktion des Immunsystems gebildet werden. Durch Zytokine können bestimmte Abwehrzellen aktiviert werden. Zytokine haben Effekte auf Entzündungsprozesse, Bakterienvermehrung und die Entstehung von Krebs. Zu den Zytokinen gehören unter anderem Interferone oder Interleukine. Da Zytokine direkt von den Entzündungszellen produziert werden, gelten sie als direkte Entzündungsmarker.2
Referenzen
1. Tonon KM et al. Advances in Nutrition 15 (2024) 100218. https://doi.org/10.1016/j.advnut.2024.100218
Wenn Ihnen dieser Beitrag gefallen hat, könnten Sie auch interessiert sein an

HMO und Bifidobakterien – Interaktive Partner für eine optimale Entwicklung

HMO als Zusatz in der Säuglingsnahrung: Wo stehen wir heute?

