Wie beeinflusst die Ernährung der Mutter die Zusammensetzung der Muttermilch?

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Stillen & Muttermilch

Muttermilch gilt als Goldstandard der Säuglingsernährung – individuell, dynamisch und perfekt an die Bedürfnisse des Säuglings angepasst. Doch wie stark lässt sich ihre Zusammensetzung durch die Ernährung der Mutter beeinflussen? Diese Frage begegnet Hebammen im Beratungsalltag immer wieder. Denn auch wenn die Natur viele Puffer eingebaut hat, lohnt sich ein differenzierter Blick: Welche Nährstoffe können über die Nahrung beeinflusst werden? Wann braucht es gezielte Ernährungstipps oder sogar ärztliche Abklärung? Und wie kann gute Beratung ohne Druck gelingen?

Was steckt in der Muttermilch – und welche Nährstoffe werden über die Nahrung beeinflusst?

Muttermilch enthält ein komplexes Zusammenspiel aus Makro- und Mikronährstoffen, Hormonen, Immunstoffen, Enzymen, lebenden Zellen und bioaktiven Komponenten wie HMO (Humane Milch-Oligosaccharide). Ihre detaillierte Zusammensetzung verändert sich je nach Laktationsphase, Tageszeit, Stilldauer und individuell von Frau zu Frau.

Allgemein ist sie aus 

  • Wasser, 

  • Fett, 

  • Eiweiß und

  • Kohlenhydraten (Laktose + Oligosacchariden)

zusammengesetzt.

Viele Bestandteile sind grundsätzlich konstant und durch Regulationsmechanismen geschützt. 

Dennoch gibt es Nährstoffe, deren Gehalt direkt von der Ernährung der Mutter abhängt. 

 

Wichtige Nährstoffe und ihre Bedeutung für die Muttermilch

Gut zu wissen: 
Frauen, die sich vegan ernähren, sollten einem Mangel an wichtigen Nährstoffen in der Stillzeit durch eine frühzeitige Ernährungsberatung sowie durch regelmäßige Kontrolle der Nährstoffversorgung zuvorkommen. Hebammen und Stillberaterinnen nehmen hier eine wichtige Brückenfunktion in der Beratung ein. 

Mögliche Risiken: Was kann in die Muttermilch übergehen?

Neben den positiven Einflüssen sind auch unerwünschte Stoffe in der mütterlichen Ernährung relevant:

  • Alkohol: Geht 1:1 in die Muttermilch über und sollte daher auch in der Stillzeit vermieden werden.

  • Nikotin: führt zu verminderter Milchmenge, Unruhe beim Kind, Nikotinspuren in der Milch nachweisbar. Aus diesem Grund sollte Rauchen auch in der Stillzeit unterlassen werden.

  • Koffein: in Maßen (1 bis 2 Tassen Kaffee) unproblematisch; größere Mengen können das Kind beeinträchtigen

Hebammen sollten hier über Risiken beraten und ggf. über Alternativen informieren.

 

Hebammenberatung: Ernährung in der Stillzeit – alltagstauglich und individuell

Viele stillende Mütter sind verunsichert: Muss ich „perfekt“ essen? Was darf ich nicht? Was ist mit Diäten? Die wichtigste Botschaft lautet:

Die  Natur hat die Milchproduktion sehr robust gemacht – mit ein paar gezielten Ergänzungen kannst du dein Baby optimal unterstützen.

Wichtige Punkte im Beratungsgespräch:

  • Kein Zwang zu „Superfood“ oder aufwändigen Diäten – stattdessen gesunde Basisernährung

  • Vielseitigkeit und Nährstoffdichte fördern

  • Pro Tag:

    • mindestens 1 Jodquelle

    • 2 bis 3 Portionen Gemüse,

    • 1 pflanzliche Omega-3-Quelle (z.B. Leinsamen, Walnüsse, Algenöl)

  • Bei veganer Ernährung: Vitamin B12 immer supplementieren

ausreichend Getränke, idealerweise Wasser, stark verdünnte Fruchtsaftschorlen oder geeignete Kräutertees

Ausreichend essen – nicht nur nährstoffreich

Viele stillende Frauen essen aus Unsicherheit oder mit dem Ziel, schnell zur alten Figur zurückzufinden, zu wenig – insbesondere zu wenig Eiweiß. Dabei ist der Energiebedarf in der Stillzeit sogar höher als in der Schwangerschaft: Er beträgt etwa 500 zusätzliche Kilokalorien pro Tag. Erst wenn die Beikost eingeführt wird und die Milchmenge zurückgeht, sinkt der Bedarf wieder auf etwa 250 bis 400 zusätzliche Kilokalorien. 

 

Ein zu großes Kaloriendefizit kann

  • die Milchbildung beeinträchtigen,
  • zu Erschöpfung, Infektanfälligkeit und Heißhunger führen,
  • Stresshormone (z. B. Cortisol) erhöhen, die über die Milch weitergegeben werden können,
  • gespeicherte fettlösliche Umweltgifte durch schnellen Fettabbau freisetzen.

Ein sanfter Gewichtsverlust ist okay – er sollte aber nicht auf Kosten von Energie und Kraft der Mutter und der sicheren Versorgung des Babys gehen. 

Erhöhter Bedarf in besonderen Situationen

Zwischen Stabilität und Feinsteuerung

Muttermilch bleibt auch bei suboptimaler Ernährung ein wertvoller Schutz- und Nährstoffcocktail. Doch bei bestimmten Vitaminen und Spurenelementen macht die Ernährung der Mutter einen Unterschied. Hebammen können hier mit gezielter, entlastender Beratung Sicherheit geben – jenseits von Verboten, mit Fokus auf Ressourcen und einfache Stellschrauben.

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